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Sender Freies Berlin (SFB)
Haus des Rundfunks
Masurenallee 8-14, 14057 Berlin
Der Lichthof im Berliner Haus des Rundfunks als Spielraum der akustischen Kunst Die akustische Kunst als Radiokunst hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr von ihrer literarischen Prägung, dem Hörspiel, emanzipiert und sich als Annäherung an die Utopie vom totalen Schallspiel (Friedrich Knilli) in vielen europäischen öffentlich-rechtlichen Kulturprogrammen mit eigenen Sendeplätzen etabliert. Alle hörbaren Zeichen und all deren mögliche Regelsysteme sind das Spielmaterial dieser aktuellsten aller Kunstformen geworden. Mit einer Rehabilitierung des Ohres im Zusammenspiel aller menschlichen Sinne hat diese Entwicklung ebenso zu tun wie mit der Marginalisierung der tradierten Radiokultur am Hörfunkmarkt als Abwehr gegen die Dominanz des Auges und als Trotzreaktion auf die Trivialisierung der akustischen Ausdrucksformen im Radiokommerz.
In der Radiokunst verwischen sich die Grenzen zwischen dem Literarischen und dem Musikalischen, zwischen dem Bildnerischen und dem Theatralischen. Mit dieser Öffnung des ästhetischen Bezugsrahmens drängt die Radiokunst auch aus dem (verborgenen) Produktions- und Vermittlungsraum des Hörfunks zurück in den öffentlichen Kulturraum, von dem die Entwicklung der Kulturprogramme des Radios ursprünglich ihren Ausgang genommen hatten. Die Radiokunst als Klangkunst strebt nach permanenter Präsenz in diesem öffentlichen Raum. Dem trägt die Einrichtung einer eigenen Klanggalerie im Berliner Haus des Rundfunks Rechnung.
Das Programm dieser Klanggalerie im Sender Freies Berlin soll gekoppelt bleiben an das Kulturprogramm des Senders (SFB 3). Am Tag einer jeden Klangkunst-Vernissage soll der jeweilige Künstler in der Sendereihe internationale digitale Radiokunst mit mindestens einer seiner Radiokunst-Produktionen vorgestellt werden, und seine Klanginstallation, das Klangkunstwerk, das mindestens zwei Wochen lang immer wochentags von 11 bis 17 Uhr in der Klanggalerie präsentiert werden soll, wird im größeren zeitlichen Abstand auch wieder im Radioprogramm zu hören sein. Das Veranstaltungsprogramm der Klanggalerie ist insofern als eine Art Programmerweiterung und als erweiterte Dienstleistung gegenüber dem kulturinteressierten Hörer in der Metropole konzipiert: Die Radiokunst bekommt einen eigenen öffentlichen Repräsentationsraum, und sie erhält jene Permanenz, nach der sie als akustisches Raumspiel drängt.
Für die SFB-Klanggalerie gibt es keine konkrete Programmatik, eher eine verschwommene Wunschvorstellung: Es sollen originelle und phantasievolle, bekannte wie unbekannte, populäre wie unpopuläre, naive wie schwierige Radiokünstler wieder einen konkreten Ort im Medium finden, einen Raum der Präsentation ihrer Arbeit, einen Umschlagplatz für ihre Ideen und für ihre Phantasie, einen Begegnungsraum, eine direkte und effektive Kommunikationsplattform. Denn auch das ist ein Teil des Kulturauftrags des Mediums Hörfunk: die konkrete Vermittlung von aktueller Kunst.
Mit dieser Öffnung des Lichthofs im Haus des Rundfunks für die Künstler soll auch der Spielraum der Künstler im Kulturprogramm des SFB eine Öffnung erfahren. Nur an Performances interessierte Klangkünstler können sich über die Ausstellung ihrer Arbeiten einen spezifischen Zugang zu Formen der Ausstrahlung im Programm als Medium für ihre Ideen erschließen, und umgekehrt, können sich Redakteure, die sich an einen strengen normativen Kriterienkatalog gebunden glauben, in der Zusammenarbeit mit eigenwilligen Künstlern neue Formen und Inhalte der künstlerischen Programmgestaltung erarbeiten.
Manfred Mixner
Manfred Mixner ist Leiter der Abteilung Hörspiel/Radiogeschichten des Senders Freies Berlin.
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