Arsenije Jovanovic stellt
im SFB aus.



A r s e n i j e J o v a n o v i c
Wäre ich vor nur zehn Jahren hierher gekommen, hätte der Titel meines Stückes aller Wahrscheinlichkeit nach eine andere Bedeutung gehabt als heute. Das Bewußtsein der Welt ist heute gefüllt mit dem sehr leicht brennbaren mentalen Benzin des Balkans und mit diesem Memo-Kerosin der Medien und anderer Benutzer, das einen großen Einfluß auf die Worte hat, die für Jahre im voraus von der Maschinerie des globalen Bewußtseins konsumiert werden.

Ich verwende den Titel dagegen als Brücke zur akustischen und etymologischen Magie des Wortes ›Balkan‹, die der Magie der Mythen sehr nah ist. Die Brücke beginne ich auf dem Boden eines imaginären Territoriums, das keiner meiner Landsleute, geographisch gesehen alles authentische Balkanbewohner, überhaupt erkennen würde. Aber genau deshalb sind Mythen so kraftvoll. Die Leute singen ein Lied, sprechen ein Wort aus, aber haben nicht die leiseste Ahnung, was mit ihnen passiert. Habe ich das?

Physische Klänge sind Objekte wie der Stuhl, das Glas oder der Baum. Aber diese physischen Klänge haben glücklicherweise ihre metaphysischen Schatten. Um sich dem metaphysischen Schatten eines Klanges zu nähern, muß man zuerst den physischen Klang berühren. Das ist riskant – denn sobald man ihn berührt hat, beginnt das zähe Ringen darum, sich wieder von ihm zu lösen. Außerdem ist der Schatten des Klanges schwach, so wie es Schatten gewöhnlich sind. Aber wenn sich alle Schatten zu einem großen formen, kann das als positives Zeichen dafür gelten, daß das Risiko nun vorbei ist.

Irgendwo im Dunst einer der großen Schatten habe ich eine Ahnung von der Gestalt meines Balkans erfahren. Das ist der Ort meiner Geschichte.

Arsenije Jovanovi´c




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