Samstag, 17. 8.


Sonambiente filmreihe

20.00 Uhr LIVE-PERFORMANCE GERHARD RÜHM: MUSIKSPRACHE - SPRACHMUSIK unter dem titel "musiksprache - sprachmusik" fasse ich akustische kreationen zusammen, die in einem grenz- bzw. mischbereich von dichtung und musik angesiedelt sind. die bezeichnung "sprachmusik" steht dabei für künstlerische produkte, die von der sprache ausgehend in musikalische bereiche vordringen, musikalische parameter mitkomponieren - dichtung also, die eines differenzierten vortrags bedarf und gehört werden muß.

die bezeichnung "musiksprache" hingegen steht für instrumentalmusik, die bewusst sprachliche charakteristika oder gar funktionen aufweist: entweder im nonverbal sprechgestischen sinn oder als träger eines festgelegten zeichensystems, das die musik selbst (und nicht als textvertonung) regelrecht zu semantischen aussagen befähigt - etwa wenn bestimmten tönen bestimmte buchstaben zugeordnet sind, was die unmittelbare übersetzung des einen mediums in das andere erlaubt. dieses verfahren ist - so konsequent wie hier durchgeführt - neu, ansatzweise bekannt als musikalische namenschiffrierung. vom musikalisch-graphischen phänomenbereich abgesehen, verstehe ich unter "musiksprache" aber auch akustische versinnbildlichungen von ideen und sinnlichen erscheinungen in möglichst schlüssig modellhafter form.

eine einbeziehung auch des visuellen bereichs geschieht in einigen dieser "ton-dichtungen" durch die projektion von dias, die bildhaftes (in einigen fällen auch schriftliches) hinzufügen, das in die konzeption des jeweiligen stückes funktional eingebunden ist.

(gerhard rühm)

anschließend: ATTWENGER FILM von Wolfgang Murnberger u.a.
Idee: W. Murnberger, Gestaltung: Hans-Peter Falkner, Markus Binder, Florian Flicker, W. Murnberger, Bernhard Weirather, Trickfilme: Martin Anibas, Herbert Schager, Bady Minck, Sabine Groschup, Thomas Renoldner, Pepi Öttl, Kamera: Fabian Eder, Österreich 1995, Farbe, 35mm, 95 Minuten.



Die legendären Alpen-Rapper "Attwenger" in einem bunten und sehr abwechslungsreichen Portrait, für das ein österreichisches Künstler-Kollektiv zwei Jahre lang Material erarbeitete. Mit Witz und einer guten Portion Respektlosigkeit vor den Konventionen der Musikindustrie stellen "Attwenger" - so wie der in Österreich geborene Dichter Gerhard Rühm - die Grenzen zwischen Text und Musik, zwischen Sprache und Komposition in Frage, und es ist nicht verwunderlich, daß sich das Duo aus Oberösterreich immer wieder bewußt auf die Traditionen der österreichischen Sprach-Avantgardisten wie H.C. Artmann, Ernst Jandl oder Gerhard Rühm beruft.

Im Film werden "Attwenger" live - in mitreißenden Konzertmitschnitten - ebenso vorgestellt wie ihre akribische Arbeit im Studio; zu Wort kommen Musikjournalisten und -theoretiker ebenso wie Attwenger selbst. Dazwischen sehen wir die zwei Volksmusik-Dadaisten in teils bizarren, teils höchst vergnüglichen Trickfilmclips, die "Attwenger" mal Kebab-fressend über den Wiener Naschmarkt ziehen lassen, dann wieder ihre vibrierenden Fotogesichter fratzenschneidend mit gezeichneten Körper-Spiralen kombinieren. Ein vergnüglicher und zugleich hochinformativer Zwitter aus Dokumentar- und Musikfilm, der seit dem Ende der Attwenger-Zusammenarbeit von Hans-Peter Falkner (an der "Quetsch'n" bzw. Ziehharmonika) und Markus Binder (Schlagzeug) zu einer Art Vermächtnis geworden ist. Denn, so "Attwenger" in ihrem letzten Interview: "Die Attwenger spielen ab jetzt nur mehr im Kino!"


Schauplätze | Kunstwerke | sonambiente live | sonambiente Info