L a e t i t i a S o n a m i
Die Komponistin Laetitia Sonami verbindet eine Begeisterung für den künstlerischen Prozeß, genaue Kenntnisse über die neue elektronische und Computermusiktechnologie, das Sendungsbewußtsein einer großen Monologistin, den erzählerischen Schwung einer geborenen Geschichtenerzählerin und einen subversiven Funken, der Dinge ungeschehen macht, wenn sie zu offensichtlich werden. Als ehemalige Studentin von Komponisten wie Robert Ashley und David Behrman kommt Sonami bewaffnet mit einem Damenhandschuh daher — eine umgebaute Version der Erfindung von Michel Waisvisz — der Druck-, Bewegungs- und Raumsensoren hat, die musikalisch (über Sampler, ein MIDI-Mischpult und Synthesizer) auf ihre physischen Gesten reagieren. In gewisser Hinsicht läßt sich Sonamis Ansatz sowohl auf den Prototyp des elektronischen Musikinstruments, das Theremin, als auch auf die Handgesten zurückführen, die die klassische indische Vokalmusik begleiten. So können verschiedene Parameter ihrer ganzen Performance durch spezifische digitale Ziffern kontrolliert werden und eine Situation aufbauen, in der z.B. der kleine Finger mit der Tonhöhenverschiebung verbunden sein kann. Daneben integriert Sonami ihre eigene fabelhafte Lesestimme und ihre unwiderstehlichen Texte in ihre Performances. What happend to II stellt eine teuflische Geschichte des Schriftstellers Sumner Carnahan aus Santa Fe vor, die Sonami fragmentiert, verdreht und mit ihrem elektronischen Handschuh ausdehnt, selbst wenn sie spricht. In der Mitte der Geschichte ist ihre Stimme virtuell verschwunden und nur noch durch Spuren elektronischer Klänge vorhanden, ein Beispiel dafür, wie sie ihren Weg sucht, auf produktive Weise die Beziehung zwischen Wörtern und Klang zu komplizieren.

John Corbett

aus: John Corbett, ›Laetitia Sonami‹ in Chicago Reader, 13. Oktober, 1995




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