L e o S c h a t z e l
Einige Arbeiten Leo Schatzls suchen immer wieder das ›Reale‹ und dessen mediale Konstitution bzw. Inszenierung zu thematisieren. Die durch eine unablässige Mediatisierung hervorgerufenen Transformationen und Metamorphosen der Realitiät bzw. des Gesehenen als Realitätsinstanz stehen im Zentrum seiner Arbeit. Den reflex-reflektierenden Inszenierungen sind sowohl die materiellen Räume und Wirklichkeiten als auch die zum Einsatz kommenden Medien wie Fotografie, Video und Computeranimationen ausgesetzt. Diese verengen sich aber nicht allein auf den ›dokumentarischen‹ Gebrauch, sondern exponieren sich parallel zum materiellen Geschehen in ihrer autonomen ›selbstgenügsamen‹ Autoreferenzialität – die mediale ›Spiegelung‹ bricht sich an den abgebildeten Objekten, an deren ›Wirklichkeit‹ und transformiert damit meist die gesamte Inszenierung in ein mediales Ereignis. Die Präsentation der Mediatisierungsmechanismen wird zu einem erneuten Medien-Geschehen.

In Omniscope II thematisiert Schatzl die vermeintliche Vollständigkeit und Authentizität der visuellen Mediatisierung. Dabei wird in Form des Aussichtsteleskops als ›Beobachter-Schnittstelle‹ auch die Geschichte des abendländischen Visualismus, die schlußendlich zum Phantasma der medialen Omniscopie führte, zitiert. Die ersten Teleskope von Kopernikus und Galilei (die formal und funktionell im Aussichtsteleskop erhalten sind) weisen aber bereits voraus auf die weiteren Etappen der visuellen Medien: Fotografie, Film, Telekommunikation und VR-Technologie. Licht und Geschwindigkeit materialisieren sich zu repräsentativen bis stimulierenden Bildern – auf der Netzthaut, als Foto-Abzug und am energetischen Bildschirm.

Die Aufstellung der Kamera an einem nicht zugänglichen, nicht ›öffentlichen‹ Ort verstärkt die Differenz zwischen dem Blick in das Teleskop (und den erwarteten Aussichtsbildern) und dem Realillusionismus der Kamerabilder, die das ›entfremdete‹Teleskop bietet. Die Realität der visuellen Telepräsenz, die durch die Kamera suggeriert wird, ist in Wahrheit aber nur eine Sequenz, ein rudimentärer Schnitt durch die Wirklichkeit des Repräsentierten. Die flimmernden Bildserien blenden u.a. die Geschichtlichkeit und das ›Sinnganze‹ der abgebildeten Wirklichkeit als Bedeutungsebene aus. Diese Fragmentierung des Realen durch die dominante Visualisierung wird mit Hilfe der zusätzlich eingespielten Informationssegmente (Text, Ton- und Bildzuspielungen bzw. VR-Sequenzen) einerseits wahrnehmbar und andererseits auch wieder ergänzt und vervollständigt. Das Projekt unterläuft derart die halluzinatorische und illusorische Präsenz des Bildes als vollständigen Informations- und Wirklichkeitsmodus. Omniscope II arbeitet dem Defizit der medientechnischen Omniscopie entgegen und entlarvt diese als verführerisches Phantasma einer techno-rationalen Realitätskonstruktion.

Erwin Fiala



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