Benutzen Sie den Text zur Navigation
P a u l F u c h s
Man muß Fuchs nicht nur zusehen, man muß ihm zuhören. Mit einem kurzen Schlag wird ein Stein, eine Platte zum Instrument. Schon früh hat er begonnen, dieses Hörbarmachen in seine plastischen Arbeiten miteinzubeziehen. Durch Schlagen, Zupfen oder durch den Wind beginnt das Material zu klingen, zu tönen, zu sprechen.

Der Exterrestische ist dafür ein Beispiel. Man vergißt sie nicht, diese zarten, dunklen Töne, die mit den langen Antennenfühlern erzeugt werden.

Noch etwas ist für Fuchs typisch. Er sieht die Dinge in Zusammenhängen. Es gibt nichts in sich Isoliertes. Bei allen seinen Plastiken ist der Umraum aktiviert, arbeitet und wirkt mit.

Es war ein unvergeßlicher Abend im Lokschuppen von Rosenheim – einem faszinierend ungewöhnlichen Raum. Hier standen die Instrumente von Fuchs. In sich stellen sie schon ein hochästhetisches Ensemble dar: die riesengroßen Gestelle mit ausgeklügelten Proportionen. Darunter hängen die großen Trommeln, in deren Fellen die Saiten befestigt sind. Lange, gebogene Bronzestangen pendeln daran. Eine sechsfingerige Holzhand, in der eine 20 cm große Kugel rollt, vervollständigt die Figurengruppe.

Ein unwirklicher Ton bricht aus, fährt los, quer durch den Raum, als wenn aus einem Überdruckventil Dampf entweicht, heiß, unüberhörbar. Es folgen andere Töne. Ein Raumgeflecht entsteht mit Verdichtungen und entspannteren Zonen. Fuchs baut seine akustische Plastik konzentriert, ruhig, aber unglaublich zielstrebig auf. Wie Föhnhechte schiebt er neue Tonimpulse dazwischen, sich aufbauende Gewitterfronten, in der Thermik nach oben wegdriftende Gebilde sind da – alles in Tönen, Klängen, plastischen Ereignissen.

Die Fuchstuba und das Fuchshorn durchstießen die Plastik und setzten neue Akzente. Mit der rollenden Kugel, diesem fast unendlich anmutenden Rhythmus, versanken Bilder, Zuhörer und Akteur, wurden alle wirklich Teil der großen Plastik. Anschließend stand er da, als ob alles selbstverständlich gewesen wäre, aber nichts war selbstverständlich.

Rudolf Seitz

aus: Rudolf Seitz, ›Die Arbeits- und Lebensräume von Paul Fuchs‹ in Paul Fuchs, Ausstellungskatalog Kunstbetrieb Dachau, Dachau 1991


Home | Kunstwerke | Schauplätze | sonambiente live
Werk | Biografie | Essay | Werkschauplatz