R i t t e r
Die Performances und interaktiven Installationen des kanadischen Künstlers Don Ritter verschmelzen Technologie und menschliches Handeln zu einer lebendigen, kurzlebigen visuellen Kunstform. Ritters Arbeiten lassen das Publikum zu aktiven Teilnehmern im kreativen Prozeß werden, und sie befreien den Zuschauer von der passiven Betrachterhaltung, die meistens bei visueller Kunst gefordert wird.

Ritter begann seine bildnerische Arbeit als Maler und Bildhauer. Seine elektronische Kunst umfaßt seine verschiedenen Interessen auf den Gebieten der Psychologie, der Schnittstellenentwicklung, des Ingenieurwesens und seine lebenslangen Begeisterung für Technologie. In den 80er Jahren begann Ritter mit Musikern zusammenzuarbeiten und entwickelte seine ›Orpheus‹-Software, die es ermöglicht, Bilder wie ein ›Instrument‹ zu spielen. Mit dieser einmaligen Software können Real-Time-Video-Bilder auf Musik oder MIDI-Daten reagieren. Wird sie mit improvisierter Musik kombiniert, kann mit ›Orpheus‹ gleichzeitig ein Kunstwerk geschaffen und rezipiert werden.

Wie seine Performances ermöglichen auch Ritters Installationen die ständige Kontrolle von Klang und/oder Bildern durch einen Menschen in Echtzeit. Grundsätzlich sind sie Kunstwerke zur Mitarbeit. Installationen wie seine Serie Captured Moments sind vom Zuschauer abhängig, der ihren Ablauf bestimmt. In der Installation Intersection reagiert der Klang von Autos entlang einer vierspurigen Straße auf die Anwesenheit von Zuschauern auf dem Platz. Infrarot-Sensoren bestimmen die Position des Besuchers und verändern den Klang der ankommenden Autos entsprechend. Dagegen erfordert TV Guides, daß die Zuschauer völlig unbeweglich bleiben, wenn sie eine Fernsehübertragung sehen möchten. Sobald die Detektoren nur die kleinste Bewegung registrieren, wird der Bildschirm schwarz, der Ton blendet aus und eine Textbotschaft erscheint, die die Zuschauer auffordert, innezuhalten.

In Ritters Installationen ist der Beobachter von Technologie eingehüllt, er wird ebenso Teil der Arbeit wie die Sensoren, Lautsprecher und die Videoausrüstung. Menschliches Handeln wird mit technologischen Systemen verschmolzen und erzeugt einen symbiotischen und kybernetischen Hybriden. Indem er Teil der Maschine wird, erweckt der Zuschauer Ritters Kunst zum Leben.

Auf eine Weise bringen diese Installationen die Konzepte von Spektakel (Debord) und Überwachung (Foucault) zum kollabieren. Die Performance von Ritters Spektakel ist ebenso abhängig von den Handlungen des Zuschauers wie von seiner Überwachung. Die Plazierung und Bewegung jedes Besuchers im Raum wird von Sensoren observiert, die eine Reaktion in der Installation auslösen. Ironischerweise ist es letzten Endes die Überwachung, die dem Zuschauer die Macht über die Kunst gibt.

Julie Crysler



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