Roberto Paci Dalò / Israbella Bordoni stellten im märz 1996 im SFB aus.


R o b e r t o P a c i D a l ò /
I s a b e l l a B o r d o n i

Oz ist eine Installation und ein Radiostück, das sich mit dem Konzept einer imaginären Stadt beschäftigt. Es ist eine Art Utopie von einer Stadt, die aus Klanglandschaften verschiedener Herkunft besteht — seien es existierende Orte oder die Phantasie des Autors.

Natürlich spiegelt jedes akustische Porträt einer Stadt die persönliche Sicht des Autors wider und korrespondiert vielleicht nicht einmal mit der gemeinhin verbreiteten Vorstellung von dieser Stadt. Der Hörer, der sich zum Beispiel mit Napoli beschäftigt, findet wahrscheinlich nicht die akustischen Klischees dieser besonderen Stadt. In Many Many Voices (einem Porträt von Berlin) ist die Qualität der deutschen Wörter, die wir hören, extrem reduziert, während die ›anderen‹ Sprachen hervorgehoben sind. Damit erfolgt wieder eine andere Annäherung an die akustische Routine.

In Oz ist einerseits die Komposition ziemlich abstrakt, andererseits hat das Stück einen soliden ›erzählerischen‹ Hintergrund, der aus einem Buch stammt, das lange vor der Komposition geschrieben wurde (aber kein Teil des Textes wurde für das Stück verwendet).

Warum ein Märchen? In einem Märchen gibt es normalerweise eine Konzentration universeller, kulturübergreifender Elemente. Es ist interessant, eine Grundlage zu haben, die von allen verstanden wird — Kinder eingeschlossen. So wird etwas, das in wenigen Sätzen erzählt werden kann, zu einem natürlichen Zugang für die Hör-Wahrnehmung.


Fantasie ist extrem gefährlich. Sie kennt keine Grenzen und läßt sich nicht beurteilen.

Beim Betreten von Oz sollte man obligatorisch eine grüne Brille aufsetzen. Sie wirkt wie ein Vorhängeschloß; sie ist ein Filter zum Beobachten, um in der Realität zu bleiben. Die Brille entstellt Farbe und Perspektive und überzieht die Wirklichkeit mit einem Traum, einem arglosen Traum. Sie befriedigt das Bedürfnis, sich in einem abgeschlossenen Raum zu schützen.

Wenn man in Oz eintritt, begegnen einem über die Pracht und den Glanz der Stadt zufriedene Einwohner; man begegnet auch einem Zauberer, der unfähig ist, Macht auszuüben, und der es bedauert, daß ihm die Macht zu täuschen fehlt.

Oz ist ein Kartenhaus, das nur durch den Wunsch, es zu wollen, entsteht. Oz ist erlebbar für den, der es lebt, weil er es will. Oz ist unlebbar für den, der sich an ein Zuhause erinnert, der sich nach einem Zuhause sehnt und nicht nach einem Traum. Oz ist ein fantastischer Ort, nach den Wünschen und Träumen der Kinder. So schien es, doch die Kinder wollen da nicht sein.

Es gibt keine Sprache, um sich in Oz zu verständigen. Oz kennt keine Gemeinschaft. Es gibt dort keine Konflikte, keine Vereinbarungen.

Isabella Bordoni/Roberto Paci Dalò




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