Terry Fox stellt in der akademie der künste am pariser platz aus.


T e r r y F o x


Schon in früheren Aktionen setzte Terry Fox akustische Elemente als essentiellen Teil der Aktion ein, wie z.B. in der gemeinsamen Aktion mit Joseph Beuys mit dem Titel Isolation Unit in der Kunstakademie Düsseldorf. Sein Einsatz von akustischen Mitteln ist nie ein Versuch, Musik zu machen oder im Sinne einer Innovation im Bereich der Musik deren Spektrum zu erweitern. Es läge auf der Hand, Fox’ akustische Performances oder Installationen im Kontext der musikalischen Entwicklung zu sehen, als Weiterentwicklung etwa der von John Cage eingeleiteten Überwindung der konventionellen Instrumente oder der in den 50er Jahren auch in Europa feststellbaren Tendenz, Musik sichtbar zu machen, was zu musikalischem Theater führte und von der Fluxus-Bewegung intensiv betrieben wurde, aber auch im Bereich der klassischen Avantgarde-Musik wie sie von Mauricio Kagel gepflegt wurde. Obwohl in der Musikgeschichte eine lange Tradition besteht, daß Musik nach räumlicher Wirkung strebt (schon die Mehrstimmigkeit implizierte im Raum wandelnde Töne, oder der Spielmann begann spaziale Musik durch sein Drehen und Umhergehen — bis zur Oper, in der Gesang und Bewegung räumlich-optische Wirkung der Musik erzielten).

Bei Fox stellt sich auch im Bereich Akustik und Raum eine wichtige innovative Leistung ein, die sich wesentlich von anderen Bestrebungen in der bildenden Kunst, vor allem im Rahmen der Fluxus-Bewegung realisiert, unterscheidet. Fox arbeitet mit Akustik als Schall, als Klang, der von den betreffenden Räumen selbst, innerhalb derer der Schall entsteht, produziert wird. Er macht also die Räume zu einem Klangkörper und tritt nur als Auslöser dieser Klänge auf. Damit macht er einerseits die räumlichen Qualitäten des Schalls und Klanges sichtbar, andererseits transformiert er die Räume selbst mit akustischen Mitteln. Die dazu notwendigen materiell-physischen Interventionen sind nur Hilfsmittel zum Schaffen dieser Rauminstrumente oder Räume als Instrumente. Seine Person, sein Körper tritt stärker zurück gegenüber den früheren Performances. Die Räume, die Eigenarten, die Geschichte der Räume werden zum Sprechen gebracht und ersetzen den Spieler, der seine Geschichte offenbart. Damit bleibt Fox mit dieser Arbeit weiterhin im Kontext der bildenden Kunst, der einen ganz großen Bereich, die Akustik in ihrer räumlichen Qualität, öffnete. Man darf seine Arbeit natürlich auch im Kontext der Musik-Entwicklung sehen, sofern man sie als bewußte Zurückweisung der Musik im Rahmen einer Arbeit mit Akustik sieht. Es ist also auch in diesem Kontext eine radikale Arbeit und kehrt John Cages Slogan "Any sound is music" nicht um, sondern auf den Kopf. Nicht "alle Musik ist Ton", sondern der gesamte Ton-Bereich ist nicht bloß als solcher Musik.

Martin Kunz

aus: Martin Kunz, ›Gedanken zu Terry Fox‹ in Terry Fox. Linkage, Ausstellungskatalog Kunstmuseum Luzern 1982
The School of Velocity, 1996




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