A r s e n i j e J o v a n o v i c
Arsenije Jovanovi´c hat ständig nach ungehörten Klängen gesucht. Dieses Suchen ergab eine lange Reihe dichterischer Klangwerke. Mit der Neugier des Pioniers begab er sich auf das für ihn unbekannte Gebiet der akustischen Kunst, als er bereits ein namhafter Theaterregisseur war. "Das Gebet für Galiola von 1967 war ein Traum", sagt er, "ein Gedicht für keinen Bestimmten." Anschließend schuf er Krajputasi, für das er den Prix Italia erhielt. Es war ursprünglich ein Theaterstück, das er dann für das Radio adaptierte; zu diesem Zeitpunkt wandelte sich sein visuelles Theater zu einem Klangtheater.

Obwohl er ein Mann des Theaters war, ein Gestalter des Wortes, des Bühnenspiels, entwickelte er sich zu einem Musiker, einem Komponisten, wenngleich nicht im herkömmlichen Sinne des Wortes. Seine Klangwelt schuf er nicht mit Streichern, Holzbläsern, Blechbläsern, Klavier und Schlagzeug, sondern mit Stimmen und Tiergeräuschen, mit Geräuschen und Klängen aus der Natur und – als Kind einer technologischen Gesellschaft – mit der geheimnisvollen, unbekannten Klangwelt der Elektroakustik. Mit solchen Mitteln erdachte er eine phantastische, poetische und dennoch äußerst realistische Musik. In dieser Musik ist im Sinne von John Cage alles Klingende enthalten.

Die Klänge, derer sich Jovanovi´c in seinen radiophonen Werken bedient, sind von Natur aus leicht zu erkennen, so daß die Radiokompositionen nur allzu leicht zu Trivialitäten und Banalem ausarten könnten. Dieser Fallgrube entgeht Jovanovi´c mit seinem äußerst sensiblen Gehör, mit seiner kreativen Phantasie und seiner disziplinierten Kompositionstechnik.

Auf der Suche nach einer Welt ohne Bilder hat er diese verlorene Sprache wieder zu verstehen gelernt und in seinem Werk zum Klingen gebracht. Daß er dafür die modernsten elektroakustischen Studiotechniken benutzt hat, ist kein Paradox, sondern ein Beweis dafür, wie dicht die beiden Extreme – Natursprache und moderne Technologie – beieinanderliegen.

Frans van Rossum

aus: Frans van Rossum, ›Laudatio für Arsenije Jovanovic‹ in WDR Acustica International 1991



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